Besuch bei den Harveys

Wir haben euch an anderer Stelle schonmal erzählt, dass Harvey ursprünglich als Werbefahrzeug in Los Angeles unterwegs war. Da wir im November dort Urlaub gemacht haben, sind wir einfach mal bei den Harveys vorbei geschneit.

Dana aka Big D. hat uns eine Tour durch die Produktion gegeben und uns einiges über unseren Harvey erzählt. Natürlich konnten wir uns ein wenig Shopping auch nicht verkneifen. Zukünftig wird unser Harvey zwei der tollen Klappstühle im Gepäck haben, die bei Harveys mit recyceltem Sicherheitsgurt bespannt werden.

Bei der Gelegenheit sind auch einige alte Bilder unseres Van aus der Zeit bei und sogar vor Harvey's aufgetaucht.


Harvey - Zahlen und Daten

IMG_8678.JPG

Nachdem wir ja nun schon einiges über Harvey geschrieben haben, hier mal ein paar Zahlen und Daten rund um unseren Photo Van.

Harvey ist ein Van aus den USA, genauer gesagt ein Ford Econoline Baujahr 1965. Damit gehört er zur ersten Baureihe der Ford E-Reihe, die von 1961-2013 gebaut wurde.
Ford wollte damals eine Alternative zu den kleinen Vans aus Europa, sprich dem VW Bus etc. anbieten. Was auch funktioniert hat, denn ab 1980 war die E-Serie der meistverkaufte Van in den USA. Soweit uns bekannt ist Harvey der einzige Ford Econoline Panel (also das Model ohne Fenster als Lieferwagen) in Europa.

IMG_8703.JPG


Die Generation zu der auch unser Harvey gehört, wurde von 1961-1967 gebaut. Auch damals war in den USA alles größer und der Econoline wurde mit einem 6-Zylinder-Motor ausgeliefert. Die Konkurenz aus Europa konnte nur vier Zylinder anbieten. Da das aber ein wenig langweilig wäre, schlägt in unserem Van ein Herz mit acht Zylindern. Was man deutlich spürt, denn der 4,9 Liter V8 bringt den alten Harvey schon ordentlich auf Touren. Zum Verkehrshindernis wird man damit mit Sicherheit nicht. Derselbe Motor wurde z.B. damals im Ford Mustang verbaut. Also auch hier wurde Harvey zeitgemäß überdimensioniert. Seine sportlichen Ambitionen werden auch anhand des Schalthebels für sein 4-Gang Automatikgetriebe deutlich. Dieser ist nämlich eigentlich für Muscle Cars der gleichen Ära gedacht. Am Ende passt das dann wieder prima zusammen und sorgt für eine Menge Fahrspaß.

Aber auch innen kommt Harvey nicht schnöde daher. Sowohl vorne als auch hinten wurden, ganz zeitgemäß, Sitze bzw. eine Sitzbank aus einem Ford Thunderbird, ebenfalls Baujahr 1965, eingepasst. Bezogen mit weißem Leder, denn der Ford Thunderbird stand in direktem Wettbewerb mit den Cadillacs dieser Zeit. Kein Vergleich also zum leeren Innenraum, den unser Harvey als Lieferwagen einmal hatte. Aus dem Arbeitstier ist eine Luxuskarosse geworden.

Harvey wurde 1997 in Long Beach Kalifornien in seinem jetzigen Style umgebaut. Dazu gehören die großartigen Chromfelgen und die Sidepipes genauso wie das kultige Mooneyes Metalflake Lenkrad und die vielen kleinen Details die ein echtes Unikat ausmachen. Der Kühlergrill ist ebenso eine Sonderanfertigung, wie die Gitter um die Lampen. An den vorderen Türen befinden sich keine Griffe mehr. Diese lassen sich nur öffnen, wenn man den entsprechenden Trick kennt. An allen anderen Türen haben diamantartige Knöpfe die Stelle von langweiligen Griffen eingenommen. Unsere Tochter nennt diese "Prinzessinnenschlüssel". Wir jetzt übrigens auch.

Der Lack wurde frei Schnautze und frei Hand aufgetragen. Das verleiht dem ganzen einen toughen aber eben auch einmaligen Look. Nichts davon lässt sich reproduzieren oder wiederholen. Genau wie in unserer Fotografie. Alle Schriftzüge sind mit dem Pinsel ohne Schablonen aufgetragen. Auf dem Van findet man keine Folie und keine Aufkleber. Genauso wenig wie Plastik. Denn klar, alles an einem alten US-Car wie Harvey ist auch Blech, Stahl und Chrom.

Aktuell arbeiten wir ja fieberhaft daran, Harvey für unsere Zwecke zu optimieren. Dabei wollen wir aber dringend den Style und Spirit erhalten. Denn nichts passt besser zu diesem Auto als der aktuelle Look. Die komplette Elektrik, sowie Scheinwerfer, Blinker etc. wurden bereits auf deutsche Norm gebracht.

Wir können es nicht erwarten euch mehr von Harvey zu zeigen. Stay tuned!

Making of - Harvey's Promo-Video

Unsere erste Amtshandlung, nach einem Ölwechsel, war ein Video über unseren Photo Van zu drehen.
Da der Zeitplan mit der Auslieferung an die Werkstatt und der Zulassung sehr knapp war, kam nur ein einziger Termin in Frage. Glücklicherweise hatte unsere Freundin Nicole Janke, Videografin der FILMEREI, die auch unglaublich tolle Hochzeitsvideos produziert, die Chance sich den Tag frei zu nehmen.
Da es sich beim Harvey ja um ein Projekt handelt, in dem viele Freunde involviert sind, übernahm Boris Glatthaar, mein Trauzeuge, Journalist und Kopf hinter REPORTERHANDWERK das Interview.
Nach sechs nervenaufreibenden Stunden auf der Zulassungsstelle konnte ich Nicole am Bahnhof einsammeln. Dank der Zulassungsstelle mit einer ganzen Stunde Verspätung.
Der Plan im Sonnenuntergang zu filmen ging dann gerade noch auf. Ein paar Kilometer auf den Feldwegen hin und her, ein paar nette Bekannschaften auf der Kuhweide, ein wenig Einsicht, warum für Filmdrehs weiträumig abgesperrt wird – schon waren mehrere Stunden um, und das Material im Kasten.

Anbei ein paar Eindrücke vom Dreh:

Fotos von Boris Glatthaar
Screenshots von Nicole Janke

Und hier nun das fertige Ergebnis:

Was passiert mit Harvey?

Nachdem unser Goldschatz für genau eine Woche und einige schöne Touren bei uns zu Hause war, ist er jetzt erstmal auf der Schönheitsfarm.
Wir haben Harvey ja mehr oder weniger direkt aus den USA bekommen. Wer Autos von dort kennt weiß: Die Amis bauen gerne mal Autos, die oberflächlich gut aussehen, darunter aber mit wenig Liebe restauriert sind. Zumindest in Ansätzen ist das auch bei unserem Harvey der Fall. Das wollen wir natürlich beheben.
Technisch ist erstmal alles ziemlich ok. Motor, Getriebe, Elektrik funktioniert alles tadellos. Das haben auch die 210km Weg in die Werkstatt zu unserem Freund Ingo bewiesen. Keinerlei Probleme.
Trotzdem gibt es eine sehr lange to-do-Liste. Neben dem kompletten Innenausbau in weißem Leder und all der Technik, die für die Photo- und Videobooth verbaut werden muss, wollen wir auch die Fahrzeugtechnik auf hiesigen Standard bringen und einiges daran verbessern. Der TÜV hat zwar sein Ok gegeben, besser geht ja trotzdem immer.
Wir hatten eigentlich vor, auch den Lack zu erneuern. Aber irgendwie können wir uns nicht richtig dazu durchringen, da wir ja der Geschichte unseres Harvey gerecht werden wollen. Deswegen werden wir nur Teile neu gestalten und versuchen unser Design mit dem aktuellen zu einem harmonischen Bild verschmelzen zu lassen.
Bei der Gestaltung des Logos half uns unser guter Freund Flo (Instagram: @caliorama) aus L.A.
Der große Schriftzug wird mit Blattgold und der kleinere von Hand mit Pinsel aufgetragen. Gemacht wird das in Flos alter Heimat Köln. So schließt sich der Kreis.

Auf der Suche nach dem Photo Van

Nachdem wir beschlossen haben uns dem Projekt Photo Van zu widmen, muss das richtige Fahrzeug gefunden werden. Von vorne herein ist klar, es muss ein alter Ami sein. Der erste Gedanke geht in Richtung Ende der 40er Jahre. Ein Chevy Suburban oder ähnliches. Ein alter Ford oder Dodge.

Ich aktiviere alle Kontakte, die ich in 30 Jahren als US-Car Fan gesammelt habe, und diverse Freunde machen sich in den USA, Skandinavien und England auf die Suche. Leider wird schnell deutlich, die Vorgaben seitlicher Einstieg und keine Fenster im hinteren Bereich, die wir dringend einhalten müssen, machen die Sache enorm schwer. In den 40er und 50er Jahren wurden die Autos fast nur mit einer Tür hinten gebaut. Die Auswahl beschränkt sich schnell auf drei Modelle aus den 60er Jahren: Den Chevy Van, den man aus Scooby Doo kennt, der uns aber nicht gefällt, den Dodge A-100 von dem es sehr wenige gibt, und den Ford Econoline der ersten Generation, der aber ohne hintere Fenster sehr selten ist.
Ich sitze Tag und Nacht am Rechner und durchsuche das Internet. Mein erster Treffer nach weniger als einer Minute Suche: Harvey. Ich weiß sofort, das ist er! Leider ist das Auto komplett über unserem Budget, also suche ich erstmal weiter. Nachdem aber auch sonst niemand ein passendes Auto findet, kontaktiere ich Gege, den Verkäufer von Harvey. Der hatte Harvey 6 Wochen vorher spontan morgens um 5 Uhr am Telefon in den USA gekauft. Gege handelt sonst nur mit 100% originalen Oldtimern und ist gelinde gesagt mit dem Style von Harvey ein wenig "überfordert". In der Anzeige waren nur wenige, schlechte Bilder. Nach unserem ersten Gespräch schickt mir Gege unter anderem diese Fotos:

Da war sofort klar: Für uns kann es gar kein anderes Auto geben. Die Basis ist für unser Vorhaben perfekt: Ein sehr charakteristisches Äußeres und innen, bis auf die sehr seltenen Sitze und Sitzbank aus einem 1965er Ford Thunderbird, leer. Der riesige seitliche Einstieg - genau das brauchen wir!

Nachdem Gege hört, wie Enthusiastisch wir sind, passt er tatsächlich seine Preisvorstellung an unser Budget an. Manchmal ist es so, dass man einfach geile Leute trifft, denen Passion wichtiger ist als Geld.
Schnell ist die Sache klar und Harvey gehört uns. Soweit wir wissen ist Harvey der einzige Ford Econoline Panel in Europa. Als Gege uns den Harvey kurze Zeit später liefert wird deutlich: Er trennt sich nicht leicht von ihm. Und wir merken schnell warum: Die komplette Nachbarschaft läuft auf der Strasse zusammen, um den eckigen Goldklumpen auf dem Anhänger zu bewundern. Diejenigen, die das Gespann nicht gesehen haben, kommen spätestens zu dem Zeitpunkt aus der Tür, als Harvey angelassen wird. Gege erzählt, dass er noch nie so viel Aufmerksamkeit bekommen hat, wie mit Harvey. Und der macht das schon ein paar Jahre.
Die selbe Gänsehaut wie in dem Moment, in dem Harvey vom Anhänger rollt,  habe ich seitdem jedes Mal, wenn ich den Zündschlüssel drehe. Harvey hat zu seinem 50. Geburtstag ein neues, sehr liebevolles Zuhause bei uns gefunden. Und wir haben eine großartige neue Aufgabe, auf die wir uns sehr freuen.